Hallo Ihr lieben Wartburg-Verrückten,
zuerst einmal vielen lieben Dank für euer Interesse an unseren Aktivitäten und den damit verbundenen Glückwünschen und Respekt, die mich auf verschiedenen Wegen erreichten. Ich hoffe, dass wir die Wartburg-Farben international gut vertreten konnten...
Wer jetzt fragt, was machen die da eigentlich, dem möchte ich eine kurze Übersicht zeigen.
Es gibt ja verschiedene Oldtimer-Veranstaltungen und sog. Rallyes, bei denen es eher darum geht, sein Auto zu zeigen und eventuell eine bestimmte Strecke zu finden. Mitunter muss diese dann auch in einer vorgegebenen Zielzeit absolviert werden.
Die vom ACM (Automobile Club de Monaco) veranstaltete Rallye Monte Carlo historique, hält sich sich an das System aus den 50‘er, 60‘er und 70‘er Jahren, findet immer eine Woche nach der „modernen“ Monte statt und wird in verschiedenen Städten Europas gestartet. Als erstes folgt die sogenannte „Concentration“ mit einer Gesamtstrecke von 1000 - 1500 km, die in ca. 22 - 30 h ununterbrochener Fahrt absolviert wird. Ziel dieser Strapaze ist es, die Besatzungen der Fahrzeuge etwas „weichzukochen“, da gegen Ende noch eine oder zwei Sonderprüfungen gefahren werden.
...mitten in der Nacht, irgendwo in Frankreich
Auf diesen Prüfungen muss eine vorgegebene Durchschnittsgeschwindigkeit zwischen 44 und 50 km/h an jedem Punkt der Strecke eingehalten werden. Damit es etwas spannend wird, werden diese Sträßchen nicht geräumt oder gestreut und die Fahrzeuge mit einem GPS-Transponder überwacht. Da es in der Regel keine Geraden sind, heißt es also Gas geben und die Zeitverluste aus den Kurven aufzuholen. Man hängt also permanent am Pedal und ist bemüht so wenig wie möglich Zeitverluste zu haben. Auf der 50 km langen Prüfung von Sospel über den Col de Turini runter nach Lantosque, gab es z.B. in diesem Jahr 25 Messpunkte. Bis km 6 war hier absolutes Vollgas angesagt, durch Moulinet ging es dann mit normaler Geschwindigkeit um danach wieder mit vollem Rohr unterwegs zu sein.
ohne eigenen Aufschrieb läuft nichts...
Am zweiten Tag der Rallye, steht meistens die Runde durch die Ardeche an. Mit den alten Monte-Klassikern Moulinon, Burzet (hier waren wir Erster von 307) und einer Wahnsinns-Ortsdurchfahrt durch Gilhoc sur Ormeze. Nach insgesamt 6 Prüfungen, konnte man den Wartburg auf Platz 2 im Gesamtklassement wiederfinden. Die Länge dieser als „Etappe Classement“ übersteigt selten 500 km und wird zur Festlegung der zukünftigen Startreihenfolge - auch bekannt als Regrouping - verwendet. Zielort dieser Etappe ist üblicherweise Valence.
Ergebnis von der Burzet
Der dritte Tag der Rallye führte uns in diesem Jahr über 550 km von Valence aus ins Drome. Hier wurde der bekannte und in diesem Jahr komplett vereiste Col de l‘Echarasson, zweimal gefahren. Das erste Mal am frühen Morgen, das zweite Mal am späten Abend. Auf diesen beiden Prüfungen haben wir die meiste Zeit verloren. Die bespikten Vredestein waren hier nicht die allererste Wahl. Eventuell haben wir das aber beim Trainieren auch nicht ernst genug genommen. Am Ende des Tages standen wir auf Platz 24 gesamt. Hmm...
Der einzige Defekt, der Anlasser
Der folgende vierte Tag der Rallye ist für mich eigentlich der härteste Tag. Zuerst startet man wiederum von Valence aus in Richtung Monte-Carlo, hat ca. 10 Stunden, rund 500 km und drei Wertungsprüfungen vor sich. Unterwegs geht es über „schicke“ Prüfungen. Die „Laborel“ hatte dieses Jahr eine Länge von fast 50 km. Es ist schon erstaunlich, welche neuen Streckenzusammensetzungen sich der ACM immer so ausdenkt. Auf der Südseite des Col de Perty, alles trocken. Überhaupt kein Problem für Fahrzeug und dessen Besatzung. Bedingt durch meine Kenntnis der Strecken, hatten wir vorher „halbe“ Spikes aufgezogen. Genau am Col - beim Wechsel zur Nordseite - Schnee und Eis. Die in den Büschen und Gräben liegenden Autos habe ich nicht gezählt. Am Ende der als Zweiter beendeten WP hatten wir uns wieder auf Platz 14 vorgearbeitet. Weiter geht es dann auf der „Etappe Commune“ in Richtung Monaco.
Nach einer Pause, die genau so lange ist, dass sich Schlafen nicht lohnt aber trotzdem müde macht, geht es dann ab ca. 21:00 Uhr in die berühmte „Nacht der langen Messer“. Der ganze Spaß dauert dann nochmal ca. 6 Stunden. Wie oben schon erwähnt, darf die Fahrt über den Col de Turini nicht fehlen.
Ein auf der Prüfung mitten in der kalten Nacht in den Bergen stehender, leider ausgefallener Teamkollege, berichtete mir am frühen Morgen im Hafen von Monte Carlo folgendes:
„Zuerst dachten wir, es naht ein Schwarm Hornissen. Dann wussten wir es kommt ein Auto. Dann sahen wir den 311‘er und wir wussten jetzt, der muss komplett krank sein so um die Ecken zu fliegen“.
Doch damit nicht genug, auf Höhe des Skigebietes Isola 2000, gab es schlußendlich die letzte Prüfung. Ebenfalls am Anfang schön trocken, dass sich der eine oder andere Spike aus dem Reifen löst, ab 1000m Höhe wiederum Schnee und Eis. Egal, da muss man durch. Im wahrsten Sinne des Wortes, zwischen einem stehenden 128‘er Fiat und einem verunfallten Kadett, passte der Wartburg gerade so durch. Durch das Var-Tal führte dann Weg in Richtung Monaco, um 03:48 Uhr am frühen Morgen war der Spaß dann vorbei. Das Ziel im Hafen von Monaco wurde als 19. im Gesamt erreicht. Die „Etappe finale“ war jetzt also auch Teil der erfolgreichen Wartburg-Geschichte.
Ziel erreicht...
Im nächsten Jahr werden wir diese Herausforderung erneut annehmen. Mein Ziel ist es, mit einem Wartburg unter die ersten 10 bei dieser Rallye zu fahren. Das dies machbar ist, haben wir in diesem Jahr gezeigt. Über den dahinter stehenden Aufwand hülle ich mich besser in Schweigen...